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Geflügelzucht- und Vogelschutzverein Reisbach

Das Tierportrait

UPDATE vom 14.04.2002

Alle Beiträge dieser Seite mit freundlicher Genehmigung von

Deutscher

Kleintier - Züchter

Verbandsorgan für den Rassegeflügelzüchter
Verlag:
Öertel + Spörer GmbH + Co.
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72706 Reutlingen 
Burgstr. 1 - 7
Telefon: 07121 / 302-555 
Telefax: 07121/302558
Inhalt der Ausgabe 1/2002
 
Vogel des Jahres 2002 3
Gelbe Italiener im Wettbewerb um des Goldenen Siegerring 4
Onagadori, Phönix und Zwerg-Phönix im Siegerring-Wettbewerb  5
Zwerghühner bei der Deutschen Junggeflügelschau 2001 8
Für den Jungzüchter Schlagführung im Winter 27
Wissenschaftlicher Geflügelhof: Richtfest in Sinsteden 28
Internationale Flugkasten-Meisterschaft 2001 30
Hängekropf bei Kropftauben 35
Arabische Mövchentauben 36

 

 
   

Aus dieser Ausgabe lesen Sie hier:

Vogel des Jahres 2002: der Haussperling

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ABO-Formular

Vogel des Jahres 2002: Der Haussperling

 

Mit dem Haussperling (Passer domesticus) wurde erstmals ein Sperlingsvogel zum Jahresvogel erwählt, der mit uns in unmittelbarer Nachbarschaft sowohl in den Städten als auch in Dörfern oder nahe von Einzelgehöften leben kann. Trotzdem wissen oft nur wenige Menschen darüber Bescheid, dass es bei uns in Europa noch weitere Sperlingsarten wie den Feldsperling, den Weidensperling und den Italiensperling gibt.

Eines der ungelösten Rätsel, das sich dem Vogelschutz in den letzten Jahren stellte, ist der Rückgang dieses Allerweltsvogels? Bis zu 65% ist die Sperlingspopulation in ländlichen Gebieten zurückgegangen. Als Ursache wird die Intensivierung der Landwirtschaft vermutet. Der noch drastischere Rückgang des "Hausspatzen" von bis zu 90% im städtischen Lebensraum lässt sich damit jedoch nicht erklären. Der Londoner "Indepedent" hat als große Tageszeitung einen Preis von 5000 Pfund für die erste wissenschaftliche Arbeit ausgesetzt, die dieses Rätsel löst.

Von dem etwas kleineren Feldsperling lässt sich unser Haussperling gut an seiner grauen Kopffarbe unterscheiden, Auch fehlt sowohl dem Haussperlingsweibchen als auch dem Männchen der für den Feldsperling typische Wangenfleck. Nach Europa kam der Haussperling im Gefolge von Getreideanbau und der Pferdehaltung vor etwa 8000 bis 10000 Jahren aus den Steppen Asiens, als die Urwälder gerodet wurden. Bis heute meidet der Haussperling geschlossene Wälder. Wie kein anderer Vogel schloss er sich dem Menschen an und wo immer in der Welt Weizen, Roggen, Gerste oder Hafer angebaut wurde und Siedlungen entstanden, stellte sich bald auch dieser äußerlich so unscheinbare Vogel ein. Wir finden ihn daher in Nord- und Südamerika, von Westeuropa bis ins entlegenste Sibirien, von Afrika über Südostasien bis Australien und Neuseeland.

 

Wie sehr der Haussperling von den Menschen abhängig ist, zeigt seine Verbreitung auf der Insel Helgoland nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor 1945 lebten dort etwa 50 Haussperlingspaare. Als die Menschen 1945 von der Insel evakuiert wurden, verschwanden die Haussperlinge ebenfalls. Die Menschen konnten dann 1952 wieder auf ihre Insel zurückkehren. Es dauerte jedoch noch weitere sechs Jahre, bis der Haussperling wieder auf der Insel brütete.

Trotz seines unscheinbaren Äußeren hat der Haussperling auch seine Liebhaber unter den Vogelhaltern. Ihre Zahl ist im Vergleich zu den Kanarienpflegern vergleichsweise gering. Nichtsdesto-weniger ist es ihnen gelungen, verschiedene Mutationen wie Zimt, Braun, Achat, Pastell, Bunt, Albino u. a. rein weiter zu züchten.

Dass Haussperlinge Getreide fressen, ist allen bekannt, gab die Vorliebe für diese Kost doch in der Vergangenheit den Grund, groß angelegte Vemichtungs-feldzüge gegen diesen Vogel durchzu-führen. Noch 1955 untersuchte die "Deutsche Akademie der Landwirtschaften zu Berlin" die wirkungsvollste Applikation von Strychninweizen. Dass dabei gleich eine ganze Palette weiterer Tierarten wie Hunde, Katzen, Ratten und Mäuse, insbesondere jedoch Vögel wie Tauben, Gänse, Enten, Hühner, Mäusebussard, Turmfalke, Feldsperling, Buchfink, Bergfink, Grünfink, Grauammer, Haubenlerche, Meisen, Amsel, Star, Zaunkönig und Seidenschwanz sowie Saatkrähe, Aaskrähe, Elster, Eichelhäher und Dohle mitvergiftet wurden, war damals als Argument gegen das Ausbringen nicht anerkannt. Im Gegenteil, man schwelgte in Vernichtungsziffern, die bei Blaukorn (blau eingefärbtes Giftgetreide) höher lagen als bei Grünkorn (grün eingefärbtes Getreidegift). Insgesamt wurden damals in 1130 Gemeinden an 93771 Futterstellen 454681 Sperlinge gefunden, was einer tatsächlichen Vergiftung von 550000 Sperlingen entspricht (aus Mansfeld, K., & Bösenberg, K., 1955).

 

Dass solche Vemichtungsfeldzüge nicht nur spezifisch für die ehemalige DDR waren, belegt eine Anleitung zur "Sperlingsverminderung mit der Massenfalle" des Pflanzenschutzdienstes in Frankturt/Main aus dem Jahr 1979, also fast einem viertel Jahrhundert später. Auch bei dieser Form der Sperlings-verminderung zeigte sich deutlich die fehlende Selektivität der Fallen. Besonders interesssant ist es, sich bei diesen Aus-führungen zu vergegenwärtigen, dass etwa zur gleichen Zeit Frankfurter Ornithologen schon fest stellten, dass die Haussperlinge stetige und merkliche Bestandseinbußen zu verzeichnen hatten (Bechthold 1987). Heute ist dieser Trend allen Ornithologen bekannt, und wir wissen: Es muss sich wirklich sehr viel mit unserer unmittelbaren Umgebung, unserem Lebensraum, verändert haben, damit es selbst einem besonders anspruchslosen Vogel und stetem Begleiter in menschlichen Siedlungen kaum mehr gelingt, in sich selbst erhaltenden Populationen zu überleben. je mehr wir die "Träger menschlichen Fortschrittes" und "menschlicherKultur", die Haustiere - als nicht mehr zeitgemäß und hygienisch bedenklich - aus unserem unmittelbaren Umkreis verbannen, um so deutlicher wird uns das Defizit an Lebensqualität, das wir in unserer Unduldsamkeit selbst herbeiführen.

Dr. Peter Havelka

Spatzen

Auf den Gartenterrassen der Cafés und Restaurants warten Haussperlinge geduldig auf Krümel oder Nahrungsreste Foto: Dr. Havelka

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14/2001 Der Kiebitz
08/2001 Der Waldkauz

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